Lebensmittelhandel und Vertriebswege

Der Gang zum Kunden

Lebensmittel sind schon dem Namen nach etwas, was zu den Dingen des täglichen Bedarfs gehört – unsere Speisen und Getränke, außerdem Zutaten wie Zucker, Salz und Gewürze sind damit tatsächlich „Lebens-Mittel“, die wir, wenn schon nicht täglich, so doch regelmäßig und teils in kurzen zeitlichen Abständen einkaufen.

Vor dem Einzug des Kühlschranks in die Haushalte wurden nur Güter wie Mehl, Salz, Zucker auf Vorrat gehalten. Im Keller hatte man Kartoffeln, möglicherweise Äpfel aus dem Garten oder Schrebergarten, außerdem Eingemachtes, vor allem eingelegte Gemüse und selbst eingekochte Marmeladen und Früchte. Frisches kaufte man jeden Tag – auf Wochenmärkten, die in den meisten Städten dementsprechend auch täglich stattfanden, oder im Lebensmittelgeschäft in unmittelbarer Nähe. Fleisch, Wurst und Räucherwaren gab und gibt es beim Metzger.

Supermarktketten verändern das Konsumverhalten

Ab 1957 änderte sich dieser mehr oder weniger direkte und sehr lokale Vertrieb durch die ersten Supermärkte, die schon in den sechziger Jahren zu den heutigen bekannten Ketten wurden. Nun konnten die Kunden haltbare und frische Lebensmittel selbst in den Einkaufswagen packen – an die Stelle der „Marktschreier“ und der täglich mit Kreide auf Tafeln notierten Sonderangebote im Lebensmittel-Einzelhandel traten Werbeprospekte der Supermärkte, die zunächst den örtlichen Zeitungen beigelegt wurden. Dem folgte Fernsehwerbung – und schließlich die Kundenansprache und sogar der Vertrieb von Lebensmitteln im Internet. Dabei ist nicht unbedingt der Online-Riese Amazon besonders erfolgreich, sondern eher findige Anbieter wie HelloFresh, die ihren Nutzern im Abo Kochboxen mit frischen Lebensmitteln samt Rezepten nach Hause liefern und so zum Selbstkochen animieren.

Rollende Supermärkte: Lebensmittelversorgung in Randgebieten

Die gängigen Vertriebswege wie Wochenmarkt, Einzel- und Delikatessenhandel, Supermarkt und Online-Angebote werden von vielen Kunden in einer Mischung genutzt. Was aber ist mit Randgebieten und im ländlichen Raum, wo mangels Nachfrage ein Ladengeschäft oder Wochenmarkt keine Perspektiven hat? Der nächste Supermarkt ist möglicherweise ebenfalls eine Autostunde oder weiter entfernt, wer kein Auto hat, muss sich etwas einfallen lassen. Gerade hier erschließen sich „rollende Supermärkte“ eine bislang vernachlässigte Kundengruppe, die das Angebot zu schätzen weiß. Inzwischen sind bereits an die 2.000 Anbieter mit Lebensmitteln auf Rädern unterwegs. Die Varianten beim rollenden Supermarkt reichen vom aufklappbaren Verkaufsfahrzeug bis zum Großlaster mit begehbarem Verkaufsraum. Das Warenangebot kann von einigen hundert bis zu mehreren Tausend Artikeln umfassen.

Frisches aus dem Automaten: Alternativer Vertrieb für Lebensmittel

Auch Lebensmittelautomaten gehören mittlerweile zum Alltag. Vor allem für heiße und kalte Getränke, Süßigkeiten und Snacks gehört die Direktvermarktung mit Warenautomaten längst zum Straßenbild und wird auch in Unternehmen, Kantinen, Schulen oder Fitnessstudios praktiziert. Die Akzeptanz für diese Art von Lebensmittelangeboten steigt jedoch weiter, denn inzwischen bemühen sich manche Anbieter auch um den Automatenvertrieb von frischen Lebensmitteln. Ob sich ein Pizza-Automat je wird etablieren können, ist fraglich, doch für manche Erzeuger ist ein Automat eine attraktive Lösung.

So können örtliche Produzenten ihre Angebote mit Automaten auch über das Wochenende, in den späten Abendstunden und ohne Kundenkontakt vertreiben und tun das auch schon. Vor allem Bio-Bauern bringen so ihre Milch und ihre Eier an den Kunden – zu vergleichsweise geringen Betriebskosten, ohne Abzüge für den Zwischenhandel und zur Freude aller Beteiligten.

Der Blick in die Zukunft: Wie sieht der Lebensmittelhandel der nächsten Generationen aus?

Während noch vor wenigen Jahren ein Wegsterben des direkten Lebensmittelverkaufs „alten Stils“ befürchtet wurde, haben sich die Prognosen inzwischen geändert. Dazu trägt nicht zuletzt ein Umschwenken der Kunden bei. Die Ansprüche an die Qualität und Frische von Lebensmitteln steigen wieder – günstige Preise sind längst nicht mehr das einzige Auswahlkriterium. Konsumenten wünschen sich vor allem Transparenz und umfassende Informationen zu Herkunft und Inhalten ihrer Lebensmittel. Und Bewegungen wie Slow Food ermöglichen Einkauf, Essen und Genießen buchstäblich bei Kilometer Null. Auch namhafte Fernsehköche bewerben mit ihrem Vorbild den Einkauf und die Verarbeitung von Lebensmitteln der Saison – am besten von einem lokalen Erzeuger. Wer es einmal ausprobiert hat, bleibt meist dabei.

Da immer mehr Nutzer durchaus bereit sind, für Qualität auch tiefer in die Tasche zu greifen, können findige Bio-Bauern und Einzelhändler sich ihre Nische sichern. Die Supermarktketten sind ebenfalls gezwungen, sich neu zu orientieren, um diesen Kundenwünschen besser entgegenzukommen. Der Lebensmittelhandel der Zukunft dürfte ein Mosaik verschiedener Vertriebswege sein, die sich der Verbraucher individuell zusammenstellen kann.

Deutschland backt – Aufwärtstrend in der eigenen Herstellung

Nicht erst seit Corona, aber im Lockdown dann doch verstärkt zeichnet sich ein Trend in deutschen Haushalten ab – nämlich die Hinwendung zum Brot Marke Eigenbau. Kuchen, Plätzchen und Aufläufe haben auf dem Speisezettel vieler Familien inzwischen einen festen Platz, und die Palette der hausgemachten guten Dinge wird nun durch Brot aus dem heimischen Ofen ergänzt.

Vorteile beim selbst gemachten Brot

Viele Hobby-Bäcker stellen fest: Selbst gebackenes Brot gelingt schnell, ist einfacher als gedacht und schmeckt meist besser als gekauft. Und das mit gutem Grund. Denn Brot vom Discounter ist mit zahlreichen Zusatzstoffen versetzt, beispielsweise mit Malz für eine appetitlich dunkle Farbe, aber auch mit Konservierungsstoffen, die das industrielle Produkt länger frisch halten. Dabei gehört in ein Brot lediglich Mehl von Getreide der eigenen Wahl, ein wenig Salz und obendrein ein Triebmittel, das dafür sorgt, dass der fertige Brotlaib oder die Brötchen zwar außen knusprig, aber innen schön fluffig ausfallen. Das lässt sich mit Hefe bewerkstelligen, aber auch mit Sauerteig.

Doch nicht nur wegen der möglichen Zusatzstoffe ist selbst gebackenes Brot für nicht wenige Verbraucher eine wirklich gute Alternative – auch eine Gluten-Überempfindlichkeit oder Allergien gegen bestimmte Inhaltsstoffe kann man mit selbstgemachtem Brot vermeiden, wie ein einfaches Roggenbrot-Rezept zeigt. Denn Roggen und andere alternative Getreidearten sind vollwertig und gut verträglich

Getreidearten im Lebensmittelhandel

Unser täglich Brot ist in vielen Fällen aus Weizenmehl hergestellt. Das wiederum enthält Turbo-Weizenarten, die seit Jahrzehnten auf hohen Ertrag, schnellen Wuchs und Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge und Krankheiten gezüchtet oder sogar genetisch modifiziert werden.

Das führt unter anderem dazu, dass das Klebeeiweiß Gluten in höherer Konzentration in Brot und Backwaren aus Weizenmehl enthalten ist. Wer sein Brot jedoch selbst macht, kann zu anderen Getreidearten greifen und bringt damit mehr Geschmack auf den Tisch.

Vor allem alte Kornsorten werden zunehmend wieder entdeckt und oft in biologischem Anbau kultiviert. Dazu trägt bei, dass traditionelle Getreidearten mit den in letzter Zeit häufigeren trockenen Sommern besser zurecht kommen und weniger hohe Ernteausfälle aufweisen. Beliebt bei Verbrauchern sind

  • Gerste
  • Dinkel
  • Roggen
  • Hafer

Sie alle können für sich allein, aber auch in Kombination miteinander vermahlen werden. Überdies lassen sich auch ganze Körner im Brot verbacken, für Feinschmecker noch ergänzt um Nüsse oder Früchte. Die Vielseitigkeit und der gute Geschmack sorgen dafür, dass die Nachfrage nach Bio-Getreide steigt. Das belegt auch die Zunahme in der Anbaufläche um rund ein Drittel in den Jahren seit 2008. 2018 waren bereits 285.000 ha dem Anbau von Dinkel, Gerste, Roggen und Co. gewidmet. Im Handel findet sich dann auch folgerichtig immer mehr Auswahl beim Mehl, oder bei ganzen Körnern.

Steigender Marktanteil bei Bio-Sorten

Getreide aus biologischem Anbau ist also im Kommen, trotz der höheren Endpreise – denn die Öko-Körner sind, was die Ertragsleistung angeht, nur etwa halb so gut aufgestellt wie ihre hochgezüchteten Verwandten. Auch im Biolandbau gibt Weizen, besser gesagt Winterweizen, den Ton an. Zusammen mit Roggen beansprucht er rund 22 % der gesamten Anbaufläche.

Nur knapp über 10 % liegen hingegen Hafer, Dinkel und Gerste. Populär ist die Weizen-Roggen-Kreuzung Triticale, auch Sommerweizen und Mais werden für Bio-Mehl angebaut.

Back-Anreize durch das Fernsehen

Auch die Medien haben nun nach verschiedenen Koch-Formaten das Backen entdeckt. Sendungen wie „Das große Backen“ auf Sat1 locken die Zuschauer vor den Fernseher und animieren zum Nachmachen. Wer durch diese Vorbilder die Arme ins Mehl taucht, kommt schnell auf den Geschmack – zumal das gemeinsame Brotbacken auch heute eine Aktivität für die ganze Familie sein kann, so wie es schon unsere Vorfahren in der Jungsteinzeit hielten.

Die Tipps und Anregungen, die man sich von den Profi-Bäckern über’s Fernsehen holt, können mit zunehmender Sicherheit dann auch abgewandelt werden – zu selbst gemachtem Brot hundertprozentig nach dem eigenen Geschmack.

Backwerkkunst – von der Backstube ins Brotkörbchen

Nun hat nicht jeder Zeit oder Lust zum Backen, doch auch wer sein Brot fertig kauft, hat oft Lust auf den Biss in ein kerniges Brötchen vom Fachmann. Ideal ist es natürlich, wenn man einen Bio-Bäcker mit großem Sortiment gleich um die Ecke hat, doch dieses Glück hat nicht jeder. Immerhin bemühen sich auch viele Discounter, mit dem Appetit auf Brot bei ihren Kunden mitzuhalten und bieten täglich frische Backwaren – süß und salzig – an. Sie haben begriffen, dass frisches Brot besser geht als die abgepackten und oft monatelang haltbaren Alternativen aus dem Regal.

Und auch bei denen wünschen sich Verbraucher mehr Transparenz, um sich informieren zu können, ob das täglich Brot tatsächlich ohne Zusatzstoffe auskommt. Die Lieferketten sollen auch im Supermarkt transparenter werden – dem Druck der Kunden werden sich die meisten Anbieter wohl beugen müssen.

Fazit: Ein Blick in die Zukunft

Immer mehr Verbraucher werden zu Genießern – sie wünschen sich auch beim Brot mehr Geschmack und vor allem nichts außer den Zutaten, die auch hineingehören. Die Zubereitung von frischem Brot im eigenen Heim haben viele Feinschmecker, die ohnehin schon gern kochen, während der Pandemie für sich entdeckt. Wie bei den meisten Kochtechniken lässt sich auch hier vermuten, dass, wer einmal die Vorteile kennengelernt hat, nicht mehr zu Fertigprodukten zurückkehrt.

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