Ein Wochenmarkt war bis in die 1970er Jahre hinein Bestandteil des Alltags in kleinen und größeren Städten, bisweilen sogar in jedem Stadtteil für sich. Mit dem Aufkommen der Discounter begannen die Märkte zu schrumpfen und sich auf zunächst weniger, dann einen Wochentag zurückzuziehen. Mancherorts sind sie ganz verschwunden oder haben nur noch zwei bis drei Stände aufzuweisen. Doch inzwischen feiert der Wochenmarkt ein Comeback – und das liegt auch am veränderten Bewusstsein und Konsumverhalten.
Der Wochenmarkt – damals wie heute
Der Wochenmarkt war früher DAS dörfliche oder städtische „Einkaufszentrum“ schlechthin. Vor allem Gemüse und Obst gab und gibt es hier, und zwar in der Regel regional. Denn die Betreiber der Marktstände kaufen entweder auf dem nächsten Großmarkt ein oder verkaufen aus Eigenproduktion. Und letzteres war früher die Regel. Clevere Landwirte organisierten sich für einen lohnenden Verkauf genossenschaftlich, um ihre Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen an die Hausfrau zu bringen.
Ergänzt wurden die bäuerlichen Angebote um Fisch oder Geflügel, auch Käse und Wurst gab es auf dem Wochenmarkt, während frisches Fleisch lange Zeit in Metzgereien verkauft wurde. Lebensmittelgeschäfte hießen seit den Wirtschaftswunderjahren oft „Feinkostläden“ – dementsprechend gab es hier, was der Wochenmarkt regional und saisonal nicht bieten konnte. Dazu gehörten exotische Spezialitäten wie Gänseleberpastete oder auch einmal ein Döschen Kaviar.
Die Angebotsvielfalt auf dem Wochenmarkt
In früheren Zeiten war ein Wochenmarkt fast zwangsläufig darauf beschränkt, anzubieten, was die Umgebung und die Jahreszeit hergaben. Denn mit dem Transport waren hohe Anforderungen an Kühlung und Verpackung verbunden, die landwirtschaftliche Erzeuger und Genossenschaften nicht auf sich nehmen wollten. So konnte man sicher sein, mit Lebensmitteln vom Markt immer à la saison zu essen.
Inzwischen hat sich das geändert – Hersteller und Vertrieb sind mobiler geworden, die Verpackung und Lagerhaltung hat sich verbessert. Daher finden sich an ganz normalen Marktständen heute auch Exoten wie Bananen und Ananas, die aus dem Großmarkt kommen. Stände mit holländischen Lakritzen oder Tiroler Wurstspezialitäten gehören vielfach nicht zum ständigen Bild des Marktes, machen jedoch vielfach die Runde und sind alle paar Wochen wieder dabei. Wochenmärkte sind also abwechslungsreicher geworden.
Die Preise auf dem Wochenmarkt
Das der Wochenmarkt als Lebensmittelhandel teuer sei, ist ein gern vorgebrachtes Argument, wenn Kunden lieber beim Discounter einkaufen. Manche absoluten Niedrigpreise der großen Ketten kommen jedoch nur zustande, weil die Sparschraube angezogen wird, bis es quietscht – und das bei mitunter weltumspannenden Lieferketten. Das Produkt mag essbar sein, doch wer es mit einem Qualitätslebensmittel der gleichen Kategorie vergleicht, bemerkt sofort den Unterschied.
Für manche Lebensmittel erweist sich der Wochenmarkt sogar als die bessere Wahl, nämlich für Obst und Gemüse aus dem Umland, das gerade Saison hat. Hier bekommen Verbraucher entweder günstigere Preise oder mehr Geschmack – nicht selten beides zusammen.
Natürlich ist die Erzeugung von Obst und Gemüse, Honig oder Eiern mit Bio-Qualität, unter Verzicht auf Pestizide und Herbizide, vielfach in Handarbeit, aufwendiger. Doch unter dem Strich sollte auch die eigene Gesundheit in die Betrachtung der Preise einfließen – und die Erhaltung eines saisonalen Angebots auf Kilometer Null.
Wer auf dem Wochenmarkt beim Erzeuger aus dem Umfeld einkauft, sichert damit auch künftig ein Angebot vielfältiger Lebensmittel, deren Herkunft und Qualität der Überprüfung standhalten.
Wochenmarkt vs. Discounter – was sind die Unterschiede?
Es geht bei der Entscheidung Markt oder Discounter allerdings um viel mehr als den Preis – hier fließen auch die Atmosphäre, die persönlichen Kontakte und die Aufmerksamkeit für die gekauften Waren mit ein. Die wichtigsten Unterschiede sind:
- Das Einkaufsverhalten: Im Discounter kauft man in Eile, oft am Ende des Arbeitstages, achtet auf Sonderangebote, füllt den Einkaufswagen und hastet nach draußen. Auf dem Wochenmarkt lädt das ganze Ambiente zum Schlendern, zum Verweilen ein. Die Auslagen der Marktstände sollen nicht (nur) Preise hervorheben, sondern Appetit machen – auf Frisches. Und das gelingt ihnen ganz hervorragend.
- Die Präsentation: Discounter haben den Charme einer Bahnhofshalle – selbst die aufgeräumtesten von ihnen. Lange Korridore mit mannshohen Regalen, helle Beleuchtung und Lautsprecherdurchsagen mögen dem „Crowd Management“ nützlich sein, Spaß am Lebensmittelkauf sieht anders aus. Auf dem Wochenmarkt hingegen sollen die Farben, Formen und Gerüche wahrgenommen werden. Die Plastikverpackung für Lebensmittel, ein Muss im Discounter, fehlt hier weitgehend. Nicht wenige Marktstände verteilen kleine Kostproben, vor allem wenn es um weniger bekannte Leckereien geht. Das Naschen ermuntert dazu, am heimischen Herd Neues auszuprobieren.
Die Beratung beim Einkauf: Was Discountern völlig fehlt, ist der menschliche Kontakt, der auf dem Wochenmarkt inklusive ist. Da liegt ein interessantes Gemüse – aber was passt dazu? Wie koche ich das? Kein Problem, denn der Verkäufer oder die Marktfrau wissen genau, was man mit dem Einkauf macht. Wer regelmäßig zum Markt geht und seine Lieblings-Stände besucht, wird Stammkunde und tauscht sich über mehr als nur den gelegentlichen Einkauf aus.
Zukunft Wochenmarkt – aus unserem Alltag nicht wegzudenken
Lange Zeit sah es düster aus für Wochenmärkte. Discounter und große Einkaufszentren lockten die Kunden mit niedrigen Preisen und regelrechten Shopping-Erlebniswellen, meist heraus aus den Innenstädten und in die Peripherie. Stadtzentren verloren mit dem Reiz der Märkte auch einen Großteil der Kunden, die nicht nur auf dem Wochenmarkt, sondern bei der Gelegenheit auch gleich in den umliegenden Einzelhandelsläden kauften.
Glücklicherweise ist eine Trendumkehr zu bemerken – wer die ganze Woche beruflich eingebunden ist, möchte sich nicht noch am Wochenende ins Auto setzen, sondern genießt die einzigartige Kombination von Entschleunigung und Frische, die auf einem Wochenmarkt zu finden ist. So geschäftig der Markt auch ist – es ist eine andere Atmosphäre als die in einer riesigen Mall, in der man schnell dazu verführt wird, den Augenblick und die hier angebotenen Lebensmittel ganz bewusst zu genießen. Und in kleineren Orten und Vororten entdecken mobile Anbieter eine Nische – dort kommt der rollende Wochenmarkt regelmäßig vorbei.