Lebensmittelhandel – zwischen Rentabilität und Wertewandel
Lebensmittelhandel, das meint neben der Tätigkeit des Vertriebs von Lebensmitteln bis zum Endverbraucher vor allem die Organisation dieser Lieferkette vom Feld bis auf den Teller. Einerseits kommt dem Handel mit Lebensmitteln besonders hohe Bedeutung für Gesundheit und Wohlbefinden zu, andererseits steht die gesamte Branche unter immer höherem Preisdruck. Und nicht nur das: auch hinsichtlich der Qualität und des Umfelds der Lebensmittelproduktion findet ein Wandel statt. Immer mehr Verbraucher greifen nicht mehr unkritisch zu, und für Käufer, die es sich leisten können, sind Niedrigpreise kein ausschlaggebendes Kriterium mehr. Der Lebensmittelhandel wird sich infolge dieser Trends wandeln.
Auch die „Verkaufslandschaft“, in der Lebensmittel den Besitzer wechseln, wandelt sich. Kleine, stationäre Ladengeschäfte im Lebensmitteleinzelhandel werden seit längerer Zeit von den Discountern verdrängt. Das steigende Qualitätsbewusstsein der Kunden ist für sie ein Silberstreifen am Horizont, denn wer seine Nische findet, kann unter geschickter Einbindung der Möglichkeiten online den großen Ketten die Stirn bieten. Das gilt für „Allrounder“, die sich als Delikatessenhändler etablieren, ebenso wie Fleischereien, Bäckereien und Spirituosenfachhandlungen mit Alleinstellungsmerkmal.
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Wo Kunden ihre Lebensmittel kaufen – der Lebensmitteleinzelhandel
Lebensmittel sind sogenannte Fast Moving Consumer Goods – da sie nicht lange haltbar sind, müssen sie in vielen Fällen rasch transportiert und zügig in den Handel gebracht werden. Während vor dreißig bis vierzig Jahren noch der Lebensmitteleinzelhandel und die Wochenmärkte die Hauptbezugsquellen für Verbraucher waren, hat sich die Palette der Möglichkeiten inzwischen deutlich erweitert. Supermärkte und Discounter wurden zur Hauptanlaufstelle für den größeren Einkauf, mit zusätzlichen Angeboten durch Tankstellenshops und in den letzten Jahren den Versandhandel.
Für Käufer bedeutet dieser Wandel unter anderem: mehr industriell verarbeitete, haltbar gemachte Lebensmittel, gegenüber den früher gehandelten, frischen Produkten. Produktions- und Lieferketten reichen um den Globus, anstatt sich geringfügig ins Umland der Verkaufsstätte zu erstrecken. Das macht die Herkunft, die Zusammensetzung und letztlich den Nährwert von Lebensmitteln weniger transparent. Diesen Tendenzen wollen Organisationen wie Slow Food ein Gegenmodell bieten – mit frischen Lebensmittel, die im Rhythmus der Jahreszeiten von überwiegend örtlichen oder ortsnahen Herstellern bezogen und sofort verarbeitet werden. Das Modell ist ein Win-Win für alle Beteiligten, denn es stärkt den Lebensmitteleinzelhandel, erleichtert Erzeugern qualitätsorientierte Produktionsverfahren und ermöglicht Käufern, genau Bescheid zu wissen über die Lebensmittel, die auf ihren Tellern landen.
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Lebensmittelrückruf: Wenn Lebensmittel nicht sicher sind
Industriell verarbeitete Lebensmittel werden über weite Strecken des Herstellungsprozesses maschinell behandelt und verpackt. Das unterliegt natürlich Kontrollen, die jedoch nicht immer vollständig greifen. Kleinste Schäden oder herabfallende Bestandteile von Maschinen verursachen Verunreinigungen, etwa in Form von Glas- oder Metallsplittern. Ebenso gravierend sind bakterielle Verunreinigungen oder sogar chemische Substanzen, die so – oder in solcher Menge – nicht in die betreffenden Lebensmittel gehören.
Fällt eine solche Situation auf, müssen betroffene Supermärkte oder Einzelhändler dies nicht nur dem Hersteller, sondern auch den Behörden melden. In vielen Fällen entscheiden sich die Hersteller zu einem mehr oder weniger groß angelegten Lebensmittelrückruf, wenn die Risiken die dadurch verursachten Kosten übersteigen. Kleinere, örtliche Hersteller haben mit diesem Problem seltener zu kämpfen, denn wo Speisen und Getränke in sorgfältig kontrollierter, traditioneller Herstellung produziert werden, fallen Abweichungen schneller auf – meist lange, bevor die Produkte in den Handel kommen. Damit beugt man nicht nur potenziellen Rückrufaktionen vor und trägt zum Verbraucherschutz bei, sondern schiebt auch der Lebensmittelverschwendung einen Riegel vor.
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Vom vollen Teller direkt in den Abfall: Lebensmittelverschwendung
Örtlich einkaufen, kochen nach Saison und eine rasche Verwertung können dazu beitragen, eine wahre Geißel unserer Zeit zu reduzieren – nämlich die Verschwendung von Lebensmitteln. Ein Drittel aller Lebensmittel landet in Deutschland nicht auf dem Teller, sondern in der Mülltonne, manche Experten halten die Quote für noch höher, bezieht man die Produktion mit ein. Das ist eine Begleiterscheinung der Massenproduktion von Lebensmitteln auf sehr niedrigem Preisniveau. Im qualitätsorientierten Lebensmitteleinzelhandel ist die sogenannte Verderbquote deutlich geringer, denn Händler und Produzenten kennen die Bedarfe ihrer Kunden und richten sich darauf aus.
Dabei wäre nichts einfacher, als der Lebensmittelverschwendung Einhalt zu gebieten. Für Endverbraucher bieten sich wirksame Strategien beim Einkauf an – nicht mit leerem Magen in den Supermarkt, lieber etwas weniger einkaufen und zügig verbrauchen, Vorräte gelegentlich auf Haltbarkeit prüfen. Wünschenswert ist auch ein aufgeklärter Umgang mit dem „Mindesthaltbarkeitsdatum“ – der Datumsstempel auf der Ware gibt keinesfalls den „Punkt ohne Wiederkehr“ an, sondern nur eine Empfehlung, bis wann das betreffende Produkt am besten verzehrt werden sollte.
Für den Lebensmittelhandel heißt das: abgelaufene Produkte nicht mehr in die Tonne befördern, sondern im besten Fall reduziert verkaufen oder sogar spenden. Ladengeschäfte, aber auch die Gastronomie können über Apps wie „Too good to go“ ihre Produkte zu reduzierten Preisen verkaufen und erreichen damit Zielgruppen, die sich der „Rettung“ von Lebensmitteln verschreiben – oder einfach nur genau auf den Preis schauen.
Mehr Verantwortung beim Umgang mit unserem täglich Brot
Natürlich läuft alles darauf hinaus, den Umgang mit Lebensmitteln vom Großen wieder zurückzuführen zum Kleinen. Denn die Massenproduktion schafft erst die Grundlage für Intransparenz, Ungleichheit und letztlich auch eher schädliche Produkte, die dem Verbraucher angedient werden. Abhilfe schafft eine Umstellung der eigenen Einkaufs- und Lebensgewohnheiten. Das beginnt mit einem genaueren Blick auf die Inhaltsstoffe und dem Verzicht auf industriell verarbeitete Lebensmittel und führt rasch zum bewussten Einkauf bei Erzeugern aus der Umgebung. Damit unterstützen Kunden nachhaltig arbeitende Hersteller und tun sich selbst etwas Gutes, indem sie die Verfügbarkeit hochwertiger Waren aus kontrolliert biologischen Anbau fördern. Auch die eigene Herstellung, etwa durch den Anbau von Salaten und Gemüsen im Hochbeet, Garten und Kleingarten, trägt dazu bei, gesünder und angenehmer zu leben und das auch an die eigenen Kinder zu vermitteln. Wer selbst erlebt hat, wie viel Arbeit in die Aufzucht einiger Paprikaschoten gesteckt wird, erliegt wohl kaum der Versuchung, Lebensmittel verderben zu lassen oder rasch zu entsorgen. Denn es gibt jede Menge Möglichkeiten, selbst frische Produkte haltbar zu machen oder das Vorhandene durch verschiedene Zubereitungsweisen optimal zu verwerten. Bei konsequenter Umsetzung von Konzepten wie Slow Food bleibt sogar die Biotonne zum größten Teil leer!